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Wenn das Treppenhaus swingt und jazzt...

Brasilianisch, wunderbares Englisch. Irgendwie auch Bezug zu Afrika. Mehr haben wir leider nicht mehr mitbekommen.

 

Die zweite musikalische Station in der Wilhelmshöher Str. 18/19 konnten wir dann zum Glück von Anfang an genießen. Die Sängerin und Gitarristin Juliane Gabriel hat das ganze sehr gut besuchte Treppenhaus in Atem gehalten mit ihrer genialen Idee, die bewegte Geschichte dieses Haus zu erzählen, musikalisch begleitet mit Songs der 20er, 30er und 40er Jahre. Wir befinden uns im sogenannten „Einküchenhaus“ in Friedenau, sehr berühmt. Die Ideengeberin war eine gewisse Lily  Braun, die davon träumte und darüber schrieb: Von der Befreiung der Frauen von der Hausarbeit. Sie hatte die Idee, dass es eine Art Gemeinschaftsküche in dem modernen Haus geben sollte, so dass nicht jede Frau einzeln in ihrer Küche kochen musste, sondern die Versorgung zur Gemeinschaftsaufgabe wurde. Ein Architekt namens Albert Gessner hat dieses Haus dann 1909 tatsächlich entworfen und gebaut. Es gab auch so eine Art Fahrstühle, in denen das Essen aus der

 

Gemeinschaftsküche in die Wohnungen transportiert werden konnte. Nach dem ersten Weltkrieg war dann alles anders, die Wohnungen erhielten eigene Küchen.

 

Berühmt ist dieses Haus nicht nur wegen dieser Idee einer Gemeinschaftsküche, sondern weil hier seit den 30er Jahren Greta und Adam Kuckhoff leben, die der sogenannten „Roten Kapelle“ angehörten, einer der Widerstandsgruppen gegen Hitler. Warum übrigens nur Adam Kuckhoff am Haus eine Gedenktalfel gewidmet wurde, bleibt völlig schleierhaft. Auch sie hat ihr Leben riskiert. Die Geschichte der „Roten Kapelle“ ist lang und spannend und kann hier nicht erzählt werden. Jedenfalls hat Juliane Gabriel allen die Geschichte dieses Hauses bewegend nahegebracht und wunderbare amerikanische Songs der Zeit dargeboten, sehr beschwingt, dynamisch. Im Treppenhaus sind alle mucksmäuschenstill geblieben, haben gelauscht und sind musikalisch mitgegangen.

 

 

 

Die dritte musikalische Station in der Wiesbadener Straße hat uns auch sehr gut gefallen. Hier drängelten sich jetzt schon richtig viele Menschen in Treppenhaus, die Musikerin Alexa Rodrian hat sich mit ihrem musikalischen Begleiter Jens Fischer Rodrian aus Hamburger ganz wunderbar irgendwo in der Mitte dieser Treppe, die sich sehr schön nach oben entlangschlängelt, positioniert. Die Stimmung ist bestens trotz der Kälte. Auch diese Sängerin hat Power und bringt das Treppenhaus zum Swingen. Sie singt eigene, zum Teil sehr persönliche Lieder: über ihren Vater, den sie zu früh verlor; über einen Abend mit zuviel Whisky vor 23 Jahren und über die Begegnung mit einer syrischen Frau, die kurz nach der Ankunft im Exilland Deutschland in der Charity ein Früchen zur Welt bringt, ihr drittes Kind. Es ist ein musikalisches Stück über zwei Welten, die sich begegnen. Voller Fremdheit und Fragen. Zwischendrin kommt im Treppenhaus eine große Kinderschar dazu, die das Durchschnittsalter deutlich senkt…

 

Letzte Station ist dann die Stechlin-Schule in der Rheingaustraße. Hier ist es so richtig schön warm. Mein Freund und Begleiter an diesem Abend, Steven, ist begeistert wie warm es ist...

 

Die Sängerin Esther Kaiser und der Gitarrist Rüdiger Krause demonstrieren uns sanft, wie schönes Wechselspiel, der Dialog im Jazz aussehen kann.

 

 

 

Drei schöne Stunden war das in diesem wunderbaren Kiez Friedenau. Großartig.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Steven (Sonntag, 18 März 2018 17:50)

    Das war wirklich ein schöner Abend! Ein kleiner Kiezrundgang mit musikalischer Einbettung.