1989/90 lernte ich Ise Bosch bei einem alternativen freien Radio in Berlin kennen, Radio 100. Ich gehörte zur Redaktion der „ Dissonanzen“ (Frauenredaktion), sie zu den „Kontinenten“ (Internationales).
Ich glaube nicht, dass ich ihren Nachnamen kannte. Sie war einfach nur Ise. Ich glaube, sie fuhr damals einen uralten VW-Bus, machte viel Musik und hatte einen starken Akzent, den sie einem längeren USA-Aufenthalt verdankte.
Viele Jahre später, ungefähr im Jahr 2002, begegnete ich ihr wieder. Dieses Mal wusste ich ihren Nachnamen. Jemand hatte mir erzählt, dass sie zur Boschfamilie gehört. Und ich suchte als Journalistin Menschen, die ich porträtieren könnte für die Zeitschrift „Publik Forum“. In der Porträt-Reihe sollte es um wohlhabende oder reiche Menschen gehen, die sich für das Gemeinwohl engagieren, zum Beispiel, indem sie Stiftungen gründen. So hatte ich dann die Gelegenheit, Ise Bosch zuhause, irgendwo in Norddeutschland zu besuchen. Damals wollte sie noch anonym bleiben, ich gab ihr in meinem Artikel einen anderen Namen. Nie vergessen werde ich die Weltkarte an der Wand mit den Stecknadeln, die sich überall dort befanden, wo sie sich engagierte. Das war damals schon ein sehr vielfältiges Engagement für sexuelle Minderheiten. Bereits 1996 wurde sie Gründungsstifterin des International Fund for Sexual Minorities bei der Astraea Lesbian Action Foundation, New York.
Pecunia Erbinnen-Netzwerk, filia. Die Frauenstiftung
Seitdem sind rund 15 Jahre vergangen. Ise Bosch hat sich längst „geoutet“ und ihr Engagement systematisch weiterentwickelt. 2003 gründete sie gemeinsam mit anderen Erbinnen das Pecunia Erbinnen-Netzwerk. Als Mitstifterin von filia. die frauenstiftung in Hamburg setzt sie sich für Partizipation und gewaltfreies Leben von Mädchen und Frauen ein. Die von ihr gegründete Dreilinden GmbH, Gesellschaft für gemeinnütziges Privatkapital, fördert die gesellschaftliche Akzeptanz von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt. Ise Bosch versteht es, die verschiedenen Möglichkeiten des Gebens strategisch klug zu kombinieren, so der Dachverband der rund 22.000 Stiftungen in Deutschland.
In der Pressemitteilung vom Bundesverband erfährt man, dass Ise Bosch ihre Anteile am großväterlichen Unternehmen verkauft hat, um ihren eigenen philanthropischen Weg zu gehen. Mit ihrem Buch „Besser Spenden!“ möchte sie „andere Vermögende motivieren, die für sie richtige Engagementstrategie zu finden.“ Im Mai 2018 erscheint ihr neues Buch zum Thema der transformativen Philanthropie.
Möge Ise Bosch weiterhin so engagiert bleiben und anderen ein Vorbild sein.
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