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Stadt im Filmfieber: Mein Berlinale-Tagebuch

Dafür ist die Berlinale einfach auch immer gut: Um  neue Kinos kennenzulernen oder die Erfahrung mit den bekannten Orten aufzufrischen.  

 

 

Worum geht es? Dem Panorama-Programmheft entnahm ich, dass es um eine Partyreihe namens "Shakedown"  in L.S. geht, die  "von und für afroamerikanische Frauen" Anfang der 90er Jahre ins Leben gerufen wurde. Dort gab es Go-go-Dance und eine" Strip-Show für den lesbischen  Underground der Stadt“. Da die Berlinale ja auch immer eine Entdeckungsreise in die Welt ist und hilft, Bildungslücken zu schließen, sind wir nun gespannt auf das Eintauchen in diese vergangene erotische Welt der Community von Queers of colour.

 

Als erstes muss man sagen: Wer nicht exzellent Amerikanisch spricht und versteht, ist vollkommen aufgeschmissen. Es gibt keine Untertitel.  Zudem wird ein amerikanischer Slang, bei dem wir beide chancenlos sind. Schade natürlich. Aber Schwamm drüber. Wir sitzen ja schließlich im Kino und da sind die Bilder ja oft wichtiger als die Worte. ..Nun ist es leider so, dass die Filmästhetik leider auch nicht überzeugend ist. Es werden phantasielos Originalmitschnitte von Clubabenden aneinandergereiht, dazwischen eingebettet die Erinnerungen und Erzählungen der damaligen Protagonistinnen, Stripperinnen, der Begründerin, der Mitarbeiterinnen. Es gibt keinen Spannungsbogen. Da wir die Berichte der Zeitzeuginnen kaum verstehen, bleibt uns nichts Anderes übrig, als uns auf die Filmaufnahmen der Club-Abende zu konzentrieren.

 

Erotik ist ja eine Geschmacksfrage. Roland Barthes hat in seinem Buch „Die Sprache der Liebe“ Schönes dazu geschrieben, aber das führt hier zu weit. Wie immer jedenfalls die Antwort auf diese Geschmacksfrage beantwortet wird: Der Club scheint in einer Hinsicht bemerkenswert – die Stripperinnen wirken vollkommen selbstbestimmt. Sie scheinen große Freude daran zu haben, sich hemmungslos dem Publikum gegenüber zu zeigen, sie toben sich aus und lassen ihrer Phantasie freien Lauf. Das tobende Publikum zahlt mit Dollarscheinen, die den Tänzerinnen  in den Panties gesteckt werden. Die Tänzerinnen wirken als würde ihnen die Arbeit Spaß machen, sie gehen kollegial miteiander um.

1993 wurde der Club geschlossen. Im Film ist von "solociting", also Prostiution, die Rede. Aber das erklärt nicht, warum nur eine der Tänzerinnen verhaftet wird. Offenbar war das polizeiliche Willkür.

 

 

Was bleibt? Beim nächsten Mal darauf achten, ob der Film Untertitel hat.

 

 

Zweiter Kinotag, Sonnabend, 17.2, 17:30, Friedrichsstadtpalast „Damsel“, amerikanischer Wettbewerbsbeitrag  von David und Nathan Zellner. Meine Freunin Doro ist schon seit 20 Jahren an den USA interessiert, mag Unterhaltungsfilme. Die Western-Parodie könnte passen....Hm. Auch dieser Film lässt mich ratlos zurück…

 

Irgendwie großes Kino: Großartige Landschaftsaufnahmen vom amerikanischen Western-Westen und  gute Schauspieler/innen. Angesichts der riesigen Leinwand im Friedrichstadtpalast haben die Bilder eine starke Wirkung. Aber richtige Freude kommt auch hier nicht auf, das Lachen bleibt mir im Halse stecken angesichts von mehreren Männern, die niedergeknallt werden und einem zerstörten Liebesglück. „Das ist doch nur eine Parodie“ höre ich meine Begleiterin sagen. Das mag schon sein, aber das hilft mir nicht…  

 

Am besten hat mir das Minipony Butterscout gefallen. Ein wunderschönes Pferdchen. Das Tier spielt eine wichtige Nebenrolle in dem Film. Von mir aus hätte es auch bei einem Tier- und Naturfilm bleiben können…

 

Samuel, ein junger Mann im Liebeswahn, hatte das Zwergpony für seine angehimmelte Penelope angeschafft. Ein Hochzeitsgeschenk sollte es werden. Nur: Penelope war bereits glücklich mit einem Anton zusammen. Sie wollte weder Samuel noch ein Zwergpony. Aber noch mal ganz von vorne.

 

Die Western-Parodie „Damsel“ erzählt die Geschichte von eben diesem Samuel, der sich in den „wilden Westen“ begibt, Butterscout im Schlepptau, fest daran glaubend, Penelope würde nur ihn lieben. Um gleich Nägel mit Köpfen zu machen, nimmt er einen Pfarrer mit auf die Reise, der kann dann gleich vor Ort die Hochzeitszeremonie abhalten, so der Plan. Die beiden machen sich natürlich auf Pferden und mit Butterscout auf die Reise gen Westen, wohin auch sonst! Denn in diese Himmelsrichtung haben sich schon immer die Pioniere begeben…und finden tatsächlich Penelope. Die lebt glücklich mit einem Anton im Wald. Samuel glaubt in seinem Wahn, Penelope sei entführt worden. Eigentlich liebe sie ihn, Samuel. Es kommt wie es kommen muss, es gibt keine Hochzeit, aber wie gesagt mehrere Tote, die Männer im Film sind alles Dummköpfe. Zum Schluss ist Samuel tot, der Pfarrer ist ganz alleine, Penelope fängt ein neues Leben an.

 

„Großartiger Film“, seufzt meine Begleiterin beglückt neben mir. Ich schweige. Zwei Stunden später, in der Kantine der Berliner Ensemble beim Absacker, ergänzt sie: "Na ja, so richtig innovativ war der Film nun doch nicht.“ Darin sind wir uns einig.

 

Erster Kinotag, Freitag, den 16.2, mein Berlinale-Start war „Classical period“ von einem gewissen Ted Fendt

 

aus den USA. Der Film klang so, als wenn mein Freund Steven und ich dem Film etwas abgewinnen könnten….

 

War aber nicht der Fall. Gedreht wurde mit einer Super-8 Kamera, die früher gerne  von Film-Revoluzzern der 70er/80er Jahren bzw. von low-budget-Filmemachern verwendet wurde. Der Bildausschnitt war immer langweilig und klein. Kein Licht, duster.

Die ausschließlich monologisierenden, sprechenden Personen: intellektuelle Menschen, die sich ausschließlich über Bücher oder Architektur austauschen, zum Beispiel über die Vor- und Nachteile von „Flachdächern“.  Sehr aufregend... Vor allem aber geht es um die Klassiker der Antike und des Mittelalters, darüber wird andächtig - wie in einer Kirche - in Kleingruppen debattiert. Das Internet existiert hier noch nicht, man konzentriert sich auf die Origanalschriften in Buchform. Menschenscheue, in sich selbst zurückgezogene Studis werden in den immer gleichen Nahaufnahme gezeigt. Todernst sind ihre Monologe über Theorien, Philosophen, Theologen, Poesie. Leben heißt hier: sich auf höchstem Bildungsniveau zu verkriechen. 

 

Ich bin nur aus Höflichkeit geblieben. Mein Freund Steven auch. Er hat aber mehrmals gelacht, das hat mich gefreut für ihn, ich war etwas neidisch. Ich habe auch nicht alles verstanden. 

Der Film lief im Arsenal 1, war ausverkauft. Die meisten blieben bis zum Schluss und einige  diskutierten angeregt mit dem Regisseur. Was es alles gibt!  

 

 

 

Neuer Film, neues Glück: „Shakdown“,17.2., Cubix 7.

 

Meine Begleiterin heute ist meine Freundin Luitgard, die sonntags eigentlich nie Zeit hat. Netterweise macht sie heute eine Ausnahme.

 

 

 

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